Die zwischenzeitlich beschlossenen Ausgaben in Milliardenhöhe für u.a. Infrastruktur und Verteidigung müssen gegenfinanziert werden. Deshalb steht erneut die Abschaffung der Spekulationsfrist auf dem Prüfstand und ist Gegenstand der Verhandlungen der potenziellen Regierungsparteien.
Für Grundstückseigentümer stellt sich daher die Frage: Was bedeutet das für mich und wie kann ich ggf. darauf reagieren?
Ausgangspunkt ist § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Danach ist die Veräußerung von Immobilien nur dann steuerfrei, wenn zwischen der Anschaffung und der Veräußerung mehr als 10 Jahre liegen (sog. Spekulationsfrist) oder aber der Eigentümer diese im Jahr der Veräußerung und in den 2 Jahren davor selbst genutzt hat. Wesentlich geändert wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 01.01.1999 als die Spekulationsfrist von 2 auf 10 Jahre angehoben wurde.
Für die Frage, ob innerhalb der 10-Jahresfrist ein Gewinn zu versteuern ist, kommt es nicht nur auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten einschl. Anschaffungsnebenkosten (Grunderwerbsteuer, Gerichts- u. Notarkosten) auf der einen Seite und den Veräußerungspreis auf der anderen Seite an. Vielmehr sind auch bei der Einkommensteuer angesetzte Absetzungen für Abnutzung (AfA) bei den Anschaffungs- und Herstellungskosten mindernd zu berücksichtigen, so dass sich in der Regel selbst bei nur geringen Wertsteigerungen ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ergibt, da die Freigrenze lediglich 1000 Euro je Veranlagungsjahr beträgt. Übersteigen die Veräußerungsgewinne diese Grenze, so sind sie insgesamt der Steuer unterworfen. Der Veräußerungsgewinn ist mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.
Sollte eine Anhebung der Behaltensfrist auf z.B. 15 Jahre erfolgen, so besteht – wenn auch erst später – zumindest noch die Möglichkeit der steuerfreien Veräußerung. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass häufig mit zunehmendem Alter der Immobilie auch Instandhaltungsarbeiten erforderlich werden, die im Ergebnis den Totalgewinn des Objektes reduzieren, wenn die Immobilie ggf. mindestens 15 statt 10 Jahre gehalten werden muss.
Stellt sich also die Frage: Die Immobilie jetzt noch verkaufen, wenn die 10-Jahresfrist bereits abgelaufen ist, bevor eine Verlängerung oder Abschaffung der Spekulationsfrist Gesetz wird?
Bereits bei der Anhebung der Spekulationsfrist 1999 von 2 auf 10 Jahre wurde die Frage der Rückwirkung diskutiert. Damals wurde das Gesetz erst am 31.03.1999 verkündet, sollte aber bereits mit Wirkung vom 1.1.1999 Anwendung finden. Mit Entscheidung vom 7.10.2010 hat das Bundesverfassungsgericht die Rückwirkung insoweit für nicht verfassungskonform erklärt als ein im Zeitpunkt der Verkündung bereits eingetretener Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Spekulationsfrist nach altem Recht bereits abgelaufen war.
Überträgt man diese Grundsätze auf die aktuelle Situation, so dürfte derzeit zumindest noch die Möglichkeit einer steuerfreien Veräußerung bestehen, wenn der Vertrag bis zur Verkündung der Gesetzesänderung notariell beurkundet ist.
Zu beachten ist insoweit allerdings noch, dass die Wirksamkeit des Vertrages nicht noch von etwaigen Genehmigungen abhängig sein darf wie beispielsweise der Genehmigung des Wohnungseigentumsverwalters oder nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Dann tritt die Wirksamkeit des Vertrages erst frühestens mit Eingang der Genehmigung beim Notar ein; bis dahin ist der Vertrag noch schwebend unwirksam.
Je nach Wertzuwachs der Immobilie und der tatsächlichen Verkaufsmöglichkeiten sowie etwaig anstehender Instandhaltungsarbeiten gilt es also eine Veräußerung zum aktuellen Zeitpunkt zu überdenken, sofern die derzeit geltende 10-Jahresfrist bereits abgelaufen ist.
Simone Schrandt LL.M.
Rechtsanwältin & Notarin
Steuerberaterin
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Fachanwältin für Insolvenzrecht